Balkan und Süditalien

Bei unserem Donau-Flug von der Quelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer verweigerte man uns an der Grenze zwischen Montenegro und Bosnien, die Landung in Sarajewo. Wir mussten damals umdrehen und über Dubrovnik und Kroatien ausweichen.

Bei einem anderen Flug - nach Sizilien, Malta und Tunesien - wollten wir in Neapel und in Rom landen. Wegen einer festsitzenden Schlechtwetterfront war dies jedoch nicht möglich. Es ging also darum, diese Flüge nachzuholen und die Orte, die uns vorher nicht gegönnt waren, zu besuchen.

Mehr erfahren
Abonnieren

Da es in Sarajewo, häufig aber auch in Süditalien keinen Flugbenzin gibt, mussten wir wieder mit der 4-sitzigen Piper Cherokee fliegen, um am Rücksitz vier mit AVGAS gefüllte Treibstoffkanister mitzunehmen.

Durch die Flüge rund um das Mittelmeer haben wir reiche Erfahrung über das Beschaffen von Flight Permissions gesammelt. Bei dieser Flugreise brauchten wir für drei Staaten eine Permission: für Bosnien, Montenegro und Albanien. Weil wir die zuständigen Stellen bereits kannten, war es kein Problem, die Permissions aller drei Staaten zu erhalten. Sorgen machten wir uns lediglich, weil diese Genehmigungen für einen bestimmten Tag und eine genaue Uhrzeit ausgestellt waren. Wochenlang im Voraus kann man aber nicht vorhersagen, dass an den betroffenen Tagen Sichtflug-Bedingungen herrschen und sich die genehmigten Flüge und Slots auch einhalten lassen.

Um Unterwegs Arbeit zu ersparen, erstellte Ewald mit dem Jeppersen Flightstar Programm bereits zu Hause die Flugpläne und Flight Lodge für alle geplanten Routen. Die kurzfristige Wetterprognose war gut, sodass wir den Flugplan für die erste Strecke von Seitenstetten nach Sarajewo wieder am Vortag aufgaben. Auch das Flugzeug bepackten wir bereits am Vortag. Tanks und Kanister wurden gefüllt, Rettungswesten und Rettungsboot verstaut und auch wichtige Ersatzteile mitgenommen. Lange bevor der offizielle Flugbetrieb beginnt, waren wir startbereit, die bestellten Pass- und Zollkontrollepolizisten erschienen pünktlich. Freund Helmut Humpel machte uns den Abflug-Betriebsleiter.

Nach dem Start, als wir schon über die Niederen Tauern Richtung Süden flogen, kam kein verständlicher Funkverkehr mit Wien-Information zustande. Das beunruhigte uns sehr und wir überlegten schon, wieder umzukehren, denn wenn der Funk nicht funktioniert, ist es undenkbar eine so lange und sensible Strecke zu fliegen. Ein anderes Flugzeug, das wir gut empfangen konnten, machte Relaisstation. Wien-Information ließ uns ausrichten, dass wir uns bei Graz-Radar melden sollten. Dort war die Verständigung wieder gut, sodass wir beschlossen, doch weiter zu fliegen. Auch bei den verschiedenen weiteren Funkstationen, die wir daraufhin zu kontaktieren hatten, funktionierte die Verständigung bestens und die anfängliche Nervosität legte sich wieder. In einem fast vier Stunden dauernden Flug ging es nun über die Karawanken nach Slowenien, von dort durch ganz Kroatien bis nach Bosnien. Die Sicht war auf der ganzen Strecke leider sehr schlecht. Es war so diesig, wie es meistens in diesen Regionen ist, wenn ein Wetter-Hoch schon lange anhält und allmählich zerfällt. Zu sehen gibt es auf dieser Strecke nichts Aufregendes. Nachdem wir die Südalpen verlassen hatten, wurde es größtenteils flach, manchmal auch hügelig. Wir überflogen Zagreb, das Tal der Save und Banja Lukka. Ab der bosnischen Grenze stieg das Gelände an und wir mussten bis 2000 Meter hohe Berge überfliegen. Das Fliegen mit dem GPS ist uns durch unsere hunderte Flugstunden schon so geläufig, sodass wir vollständig darauf vertrauen und keine Landkarte mehr benützen. Einige Zeit flogen wir schon auf der Sarajewo-Approch und Tower-Frequenz, ohne dass der Ort selbst zu sehen war. Einerseits, weil die Sicht so schlecht war, andererseits, weil Sarajewo und der Flugplatz in einem Talkessel mitten im Gebirge versteckt ist.

Außer uns war nur eine Verkehrsmaschine der Alitalia am Platz, ansonst hatten wir die 3.000 Meter lange Piste und den riesigen Abstellplatz für uns ganz alleine. Nachdem wir alle vier Benzinkanister wieder in die Flächentanks geleert hatten, ging es in das Briefingbüro. Eine Bosnierin, die in Deutschland studiert hatte, war sichtlich erfreut, ihre Deutschkenntnisse wieder einmal nützen zu können. Alles war total problemlos. Es wurde weder nach einer Flight Permission gefragt, noch sonst irgendwelche Umstände. Warum wir ein Jahr davor hier nicht landen durften, wo sich jetzt alles als absolut harmlos herausstellte, blieb uns ein Rätsel. Die Dame besorgte uns einen verlässlichen Autofahrer, der uns gegen geringes Entgelt nach Sarajewo führte und uns die Stadt zeigte.
Auf der Fahrt ins Zentrum sahen wir viele zerschossene Häuser vom Balkankrieg und ganze Siedlungen, die noch Einschüsse vom Kriegsgeschehen hatten. Besonders interessant ist in Sarajewo die Stelle, wo 1914 der Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wurde und deshalb der 1. Weltkrieg ausbrach. An der Stelle, wo dieser Vorfall passierte, ist jetzt ein Museum untergebracht. Dort sind die Fotos vom Besuch des Kaisers, seiner Ermordung und dem Mordprozess zu sehen. Im Zentrum von Sarajewo ist ein orientalischer Platz mit Moschee und altertümlichen Geschäften. Auffallend ist, dass es seit Öffnung des Eisernen Vorhangs etliche bekannte europäische Unternehmen gibt, die sich in Sarajewo angesiedelt haben. Reklamen von österreichischen Banken, deutschen Handelskonzernen und Baumarktketten, europäische Autos und andere westliche Markenprodukte sind voll präsent.

Da wir am gleichen Tag noch bis Tirana kommen wollten, kehrten wir nach der Besichtigungstour wieder zum Flughafen zurück. Auch das Ausflugprozedere war so unkompliziert wie die Ankunft. Die Landepiste von Sarajewo war im Balkankrieg vollkommen zerbombt und oft sah man sie in den Fernsehnachrichten. Nun starteten wir auf dieser geschichtsträchtigen Piste.

Um über die umliegenden Gebirgszüge zu kommen, mussten wir kräftig steigen. Die Sicht war so schlecht, dass wir kaum etwas sehen konnten, sondern nur mehr im Blindflug dem Symbol am GPS folgten. Bald erreichten wir jenen Punkt, wo wir im Vorjahr umdrehen mussten, weil uns die Landung verweigert wurde. Beim diesem Flug während der Osterwoche hatten wir glasklare Sicht, dieses Mal hatten wir Mühe, die uns eigentlich bekannte Gegend wieder zu erkennen. Als wir die Funkfrequenz auf Podgoritza-Approch einrasteten, erkannten wir sofort die Stimme des Controllers, der uns im Vorjahr bei unserem Flugabbruch gelotst hatte. Natürlich erinnerte er sich nicht mehr an diesen Vorfall, aber er leitete uns sicher durch Montenegro. Unter uns waren einige Waldbrände zu sehen. Der Rauch stieg bis zu uns herauf und als wir darüberflogen, hatten wir trotz hoher Flughöhe heftigen Brandbestank im Cockpit. Es war so arg, dass wir Fenster und Lüftung schließen mussten.

Bei Podgoritza wurden wir angewiesen, dem anfliegenden Flugverkehr auszuweichen. Bald danach hatten wir die Grenze zu Albanien überflogen und mit Tirana-Approch Funkkontakt. Der Weg führte uns nun über eine größere Meeresbucht, aber auch hier leider sehr schlechte Boden- und Fernsicht. Obwohl längere Zeit in Tirana kaum Verkehr war, starteten und landeten ausgerechnet als wir ankamen, Verkehrsflugzeuge vor uns, sodass wir einige Warterunden bis zur Landefreigabe drehen mussten.

Zu unserer Überraschung war das neue Ankunftsgebäude, das im Vorjahr noch im Rohbau war, vollkommen fertig gestellt. Weil es offensichtlich in Albanien keine Sportflugzeuge gibt, wurden wir zwischen den Verkehrsflugzeugen abgestellt. Als wir unsere Sachen für die Übernachtung aus dem Flugzeug geladen hatten, wollten wir im Aviation Center sogleich die Details für den nächsten Tag und für das Betanken des Flugzeuges ausmachen. Ein Polizist dirigierte uns allerdings zur Schlange der wartenden Einreisenden und wir mussten trotz Potest das ganze Einreiseprozedere wie normale Touristen über uns ergehen lassen. Selbstverständlich auch eine Gebühr bezahlen, wo wir aber nicht erfahren konnten, wofür diese eingehoben wird. Dann begann ein Spießrutenlauf, der über eine Stunde dauerte. Kaum jemand spricht englisch und so war es nicht möglich herauszufinden, wie man außerhalb des Flugplatzes ins Aviation Center kommt. Über 10 Personen wurden gefragt, man schickte uns hin und her, dabei mussten wir dauernd bei glühender Sommerhitze unser ganzes Reisegepäck mitschleppen. Erst durch einen Zaun konnten wir mit jemanden reden, der uns sagte, was wir am nächsten Tag tun sollten, um zu unserem Flugzeug und zum Abfertigungsbüro zu gelangen.

Mit einem Sammeltaxi ging es nun ins Zentrum von Tirana. Von Albanien und den Skipetaren hört man bei uns viele abenteuerliche Geschichten. Es soll dort noch ganz wild zugehen, man muss ständig aufpassen, um nicht überfallen und ausgeraubt zu werden. Nachdem wir im empfohlenen Hotel, das einem Österreicher gehört, eingecheckt hatten, machten wir uns auf den Weg, um festzustellen, ob es in Albanien tatsächlich so wild zugeht wie der Ruf, der ihm vorauseilt. Gleich neben unserem Hotel entdeckten wir den Platz wo wenige Tage vorher der amerikanische Präsident Busch zu Besuch war, und ihm die Armbanduhr vom Handgelenk gestohlen wurde. Die Hotelrezeptionistin mit der ich später darüber diskutierte, wollte aber die Ehre ihrer Landsleute retten und behauptete fest und steif, dass Präsident Busch die Uhr nicht gestohlen wurde, sondern, dass er sie verloren hätte. Außer ein paar im Gras herumlungernde Zigeuner und einige Bettler sieht es im Zentrum von Tirana nicht anders aus als in anderen Balkan-Hauptstädten. Es gibt Moscheen, verschiedene Paläste, größere und kleinere Plätze und auch die Geschäfte sind so wie anderswo in Südeuropa. Die Vorsichtsmaßnahmen, die Geldbörse unter dem Hemd zu tragen hätten wir uns sparen können. In einem albanischen Restaurant beendeten wir mit einem Nationalgericht den ersten Tag unserer Reise.

Das österreichische Rogner Hotel war zwar nicht billig, doch bot es allen erdenklichen Komfort. Vollklimatisiert – eine Wohltat nach einem schweißtreibenden Hochsommertag – sämtliche deutschsprachigen Fernsehprogramme waren zu empfangen, Swimmingpool und Frühstück unter Palmen gehörten zum Standard.

Am nächsten Tag befanden wir uns, nach Passieren der Pass- und Zollkontrolle, wieder innerhalb des Flughafengeländes. Dort war es innerhalb kürzester Zeit möglich, den Flugplan nach Brindisi aufzugeben und das Flugzeug vollständig zu tanken. Allerdings verweigerte uns der Tankwart das Befüllen der vier Benzinkanister. In Albanien ist es verboten, in einem Flugzeug Treibstoff in Behältern zu transportieren. Nicht auszudenken, wenn wir wirklich darauf angewiesen gewesen wären.
Bald befanden wir uns über dem Meer und ließen Albanien hinter uns. Die Rettungswesten hatten wir einsatzbereit angezogen und das Rettungsboot am Rücksitz sorgte für einen stressfreien Flug.

Brindisi Airport

Auch in Italien war die Sicht extrem diesig, und bei der Kreuzpiste in Brindisi hätte ich beinahe auf einer falschen Landebahn aufgesetzt, wenn mich nicht Ewald im letzten Moment aufmerksam gemacht hätte. Der Asphalt der Abstellfläche war durch die enorme Hitze fast aufgeweicht, da war es schon eine Wohltat, dass die Einreiseformalitäten, Bezahlung der Landegebühr und das Aufgeben eines neuen Flugplanes in klimatisierten Räumen erfolgen konnte.

Um den vielen Sperrgebieten, die sich in Süditalien befinden, auszuweichen, arbeiteten wir mit den beiden zuständigen Experten eine entsprechende Sichtflugstrecke nach Neapel aus. Als die Koordinaten aller Wegpunkte im GPS eingegeben waren, erhielten wir rasch eine Startfreigabe und bald schaukelte es unser Flugzeug in heftiger Thermik über Süditalien. Die Gegend unter uns war eben, die Orte ähnlich wie in Sizilien kreisförmig angelegt und so weit das Auge reicht, riesige Flächen mit agrarischer Nutzung. Mehrmals mussten wir die Funkfrequenzen wechseln, streckenweise hatten wir gar keinen Funkempfang, aber das regte uns nicht im Geringsten auf. Als wir wieder Empfang hatten, wurde uns ein anderer Kurs als der von den Brindisi-Experten empfohlene und im Flugplan angegebene, aufgetragen. Daraus ergab sich ein Umweg von über einer halben Flugstunde. Ohne einen erkennbaren Sinn für diesen Umweg zu ergründen, folgten wir den Anweisungen. Während die Erdoberfläche unter uns bisher nur kleine Erhebungen aufwies, erschien plötzlich im Dunst ein hohes Gebirge. Wir hatten eine relativ hohe Reiseflughöhe geplant und auch geflogen, doch jetzt mussten wir sogar noch weiter steigen, um die hohen Berge überfliegen zu können. Längst waren wir auf Napoli-Approch, aber da wir durch den anderen Kurs von Nordost ankamen und nicht wie geplant von Süden, stimmten die Anflugpunkte überhaupt nicht mehr. Die Waypoints, die uns Napoli-Approch befahl, waren im GPS nicht zu finden. Einzig, dass wir nicht über den Vulkan Vesuv fliegen durften war klar, weil er deutlich als Sperrgebiet im GPS zu erkennen war.

Neapel Airport

Der Dunst über Neapel war so stark, dass wir außer dem Vesuv, der nun direkt wie eine Pyramide vor uns stand, kaum etwas Markantes erkennen konnten. Wir umflogen den Vesuv in südliche Richtung, genau dorthin, wo wir ursprünglich angekommen wären und unser Anflug geplant war. Vom Tower erhielten wir weitere Anweisungen zum Überfliegen der Stadt. Je näher wir zum Flughafen kamen, umso stärker wurde das Rauschen im Funk, genauso wie wir es einmal in Istanbul erlebt hatten. Es war klar, dass es starke Sender in Neapel sein mussten, die den Funk störten, doch mittlerweile verstanden wir den Tower überhaupt nicht mehr. Das war ein Riesenstress, denn es herrschte heftiger Flugverkehr. Erst im Bereich Downwind verstanden wir die Befehle wieder und so drehten wir die aufgetragenen Warterunden, weil noch zwei Verkehrsflugzeuge vor uns landeten. Sofort dahinter erhielten wir die Landefreigabe, hoffend dass wir nicht in die Verwirbelungen des direkt vor uns gelandeten Verkehrsflugzeuges kommen würden. Wir wurden angewiesen, auf eine weit entfernte Abstellfläche zu rollen und unser weiteres Schicksal abzuwarten. Dieses bestand darin, dass ein Mitarbeiter einer Handlingfirma erschien und uns eröffnete, dass wir in spätestens einer Stunde wieder wegfliegen müssen. Übernachten des Flugzeuges am Flughafen ist absolut ausgeschlossen! Das war wieder einmal ein gehöriger Schock. Erstens weil der Sprit schon knapp war und es in Neapel kein AVGAS gibt. Zweitens wo sollen wir hinfliegen, wo auch sicher ist, dass wir wirklich übernachten dürfen? Und drittens wollten wir ja unbedingt in Neapel übernachten und mit dem Schiff auf die Insel Capri und nach Amalfi fahren. Im Büro der Handlingfirma wurde hin- und herüberlegt und telefoniert, bis wir die Zusage vom Flugplatz Salerno hatten, dass wir dort tanken und übernachten können.

 

Ohne zu verstehen, warum wir nicht auf diesem riesigen Flugplatz, wo genügend Abstellflächen waren, parken dürfen, starteten wir bei sengender Hitze. Durch die Funkstörung verstanden wir weder den Tower noch die Approch-Frequenz und so flogen wir eben die Strecke, wie sie aus dem Anflugblatt von Neapel hervorging.

Salerno Airport

Wieder ging es am Vesuv vorbei direkt über der Küste. Die Insel Capri war zum Greifen nahe. Alle Versuche, einen Funkkontakt herzustellen, scheiterten, jedoch empfingen wir bald den Tower von Salerno. Über den, von alten Spielfilmen bekannten Ort Amalfi, flogen wir direkt zum Flugplatz Salerno. Dieser liegt in der Ebene zwischen dem Meer und dem hoch aufragenden Monti Picentini Gebirge. Nach der Landung tankten wir das Flugzeug und machten sogleich Bekanntschaft mit den italienischen AVGAS-Preisen, die fast doppelt so hoch sind wie in Österreich. Die hilfsbereiten italienischen Fliegerfreunde organisierten ein Hotel für uns und auch einen Fahrer, der uns gleich dorthin brachte. Weil wir schon nicht in Neapel herumspazieren konnten, machten wir uns sofort mit dem Bus auf ins Zentrum von Salerno. Ich hatte noch nie etwas von diesem Ort gehört und war überrascht, wie groß er ist und wie viele Touristen den Ort bevölkerten. In der riesigen Marina ankerten hunderte Boote, vom Pier aus fahren die Fährschiffe nach Almalfi, Capri oder Neapel. Dafür war es für uns aber schon zu spät und so verbrachten wir den Abend in einer Pizzeria und mit einem Bummel durch Salerno.

Am nächsten Morgen half uns der Controller eine Route für den Flug nach Rom – Flugplatz Urbe – herauszufinden. Das war auch für den erfahrenen Italiener gar nicht einfach. Die Angaben in der GPS-Fliegerlandkarte und im Fightstar-System, vor allen Dingen aber in den Anflugkarten von Rom waren sehr widersprüchlich. Auch per Telefon war es dem Controller nicht möglich zu erfahren, ob wir in Rom tanken und das Flugzeug über Nacht parken könnten. Als mittlerweile erfahrene Hasen machten wir uns auf den Weg, in der Überzeugung, dass wir die Strecken, die wir wirklich fliegen müssen, schon von irgendeiner Funkstelle aufgetragen bekommen werden. Der Flug am frühen Morgen war traumhaft. Es ging auf das Meer hinaus, dann vorbei am malerischen am Berg gelegenen Amalfi und Sorrento zur Insel Capri. Auf der rechten Seite der kegelförmige Vulkan Vesuv und im Morgendunst die Stadt Neapel. Capri habe ich mir immer als große Insel vorgestellt, in Wirklichkeit ist sie relativ klein. Aber sogar von der Luft aus konnte man durch die vielen Fähren und Schiffe erahnen, was sich hier touristisch abspielt.

Rom Urbe

Unter ständiger Kontrolle von Napoli-Approch flogen wir nun zur Insel Procida, zur linken Hand die Insel Ischia. Als wir Neapel weiträumig umflogen hatten, ging es der Küste entlang nach Norden. Mehrmaliger Funkfrequenzwechsel war notwendig, und wir wurden wieder an verschiedene Punkte geschickt. Alles ließ sich aber am GPS rasch finden und einstellen. Richtung Rom wurde das im Osten befindliche Gebirge flacher und allmählich kam auch der Sichtflugkorridor der über Rom an drei Flugplätzen vorbeiführt näher. Wir mussten auf 1.500 Fuß sinken, das war so nieder, dass wir bei einer Anhöhe blitzartig höher steigen mussten, um nicht aufzuprallen. Die ersten Wegpunkte funktionierten genau wie sie im GPS einprogrammiert waren. Dann, bereits mitten über Rom und nicht mehr weit vom Flughafen Urbe entfernt, bekamen wir vollkommen andere Wegpunkte, die aber weder im Anflugblatt noch im GPS oder auf der Landkarte eingezeichnet waren. Trotz zweimaliger Rückfragen wurde es uns nicht erlaubt, die vorgesehene Strecke zu fliegen, angeblich ist das jetzt ein Sperrgebiet, wo wir keinesfalls hinein fliegen dürfen. Guter Rat war teuer. In einem Flugzeug kann man ja nicht stehen bleiben und überlegen, was man weiter tun soll, sondern es bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit ständig weiter. Unmittelbar vor uns lag der Flugplatz Rom-Ciampino, wo pausenlos Verkehrsflugzeuge landeten. Wir wichen diesem Platz nach Gefühl nach Osten aus, um dann wieder zu ursprünglich vorgesehenen Wegpunkten zurückzukommen. Ab diesem Augenblick funktionierte der Anflug wieder wie geplant, und alsbald bekamen wir am Flughafen Urbe Landenummer 1. Ich hatte einen zumindest so großen Flugplatz wie in Neapel erwartet. In Wirklichkeit war er aber viel kleiner und kaum Flugverkehr. Wir freuten uns darüber, denn hier wird man ganz sicher auch das Flugzeug über Nacht parken können, noch dazu, wo genügend leere Abstellplätze zu sehen waren. Da hatten wir uns aber schwer getäuscht, denn es wurde uns befohlen, dass wir uns spätestens um 15 Uhr wieder „vertschüssen“ müssten.

Rom Innenstadt

Um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Rom zu sehen, heuerten wir ein Taxi an, das uns als erste Station zum Vatikan bringen sollte.

Als wir dort ankamen, erwartete uns eine etwa zwei Kilometer lange Menschen-Warteschlange, die sich durch mehrere Straßen zog. Wenn wir uns jetzt hier anstellen, kommen wir frühestens am späten Nachmittag zum Petersplatz. Um diese Zeit müssen wir aber den Flugplatz längst wieder verlassen haben. Also wird es nichts mit dem Besuch des Papstes. Beim Capitol, so sagte uns der Taxifahrer, ist es aber besser. Er hatte Recht, anstellen musste man sich nicht, obwohl sich sowohl beim Capitol, als auch bei den zahlreichen Ausgrabungen, tausende Touristen wälzten. Wenn man diese altertümlichen Bauten zum ersten Mal sieht, ist das wirklich sehr beeindruckend. Auf den Fotos wirkt alles viel kleiner als hier in Wirklichkeit. Nachdem wir alles ausgiebig besichtigt hatten, organisierten wir wieder einen Taxifahrer, der uns durch Rom führte und noch weitere interessante Plätze zeigte. Rechtzeitig waren wir wieder am Flugplatz zurück und besprachen mit dem Officer im Briefingroom die nächste Strecke und den neuen Flugplan auf die Insel Elba.

Insel Elba

Bald lag Rom wieder hinter uns, das Thyrrenische Meer links das italienische Hügelland rechts unter uns. Nach mehreren Waypoints wo die Position und Höhen genau kontrolliert wurden, sah man im weiten Norden, also dort wo wir hinflogen, schon große Wolkenbänke. Laut aktuellem Wetterbericht regnete es in ganz Norditalien, jedoch die Insel Elba sollte noch im Schönwetter liegen und eine Landung möglich sein. Ich machte mir schon große Sorgen, denn was ist, wenn die Front rascher nach Süden zieht und wir weder in Elba noch auf dem noch nördlicher gelegenen Ausweichflugplatz Pisa landen könnten? Um umzudrehen und wieder in Rom zu landen, reichte der vorhandene Treibstoff nicht mehr. Dazwischen gab es zwar Militärflugplätze, aber dort darf man keinesfalls landen. Gott sei Dank waren meine Sorgen umsonst. Wir mussten zwar einige Wolken durchfliegen, aber Elba selbst war frei. Besorgniserregend war aber, dass wir trotz pausenloser Anrufe, vom Turm keine Antwort bekamen. Die Militärfrequenz auf der wir uns davor befanden, bestätigte aber, dass die Elba-Frequenz richtig ist und empfahl, dass wir trotzdem weiterfliegen sollten. Endlich, als wir den Platz schon länger in Sicht hatten, meldete sich der Tower und wir bekamen Landerichtung 16, die von den Bergen zum Meer hinausführt. Ich hatte schon gehört, dass der Anflug von dieser Seite schwierig ist. Nun ging aber alles derart schnell, dass keine Zeit zum Überlegen blieb und wir das Flugzeug unmittelbar vor dem Berg in eine steile Endanflugkurve legten. Der Gegenwind vom Meer herein war aber so stark, dass es kein Problem war, gleich am Beginn der Piste aufzusetzen. Ein Flugplatzhelfer deutete auf eine Grasabstellfläche, wo schon mehrere Sportflugzeuge geparkt waren. Dort stellten wir uns dazu und verzurrten das Flugzeug für die Übernachtung. Im Flughafengebäude wurde sofort klar, warum wir keine Antwort am Funk erhalten hatten. Die zwei anwesenden Controller waren gar nicht auf ihren Arbeitsplätzen, sondern saßen gemütlich vor dem Gebäude und tranken Kaffee. Sie hatten also unsere Funkanrufe gar nicht gehört, sondern uns erst gesehen, als wir schon neben der Piste flogen.

Eine freundliche Dame organisierte uns ein Hotel auf der anderen Inselseite und ein Taxibus brachte uns dorthin. Es war ein tolles Hotel mit einem riesigen Sand-Badestrand und einem Swimmingpool. Sogleich mischten wir uns unter die Hotelgäste und genossen den Nachmittag am Meer und in den schattigen Liegen. Abends wanderten wir ins Ortszentrum von Procchio, das sich nach und nach mit zahllosen Touristen füllte. In Italien beginnt das Nachtleben erst sehr spät. Da wir früh ins Bett gehen wollten, war es gar nicht einfach bereits am frühen Abend ein Essen zu bekommen. Letztlich ließen wir uns aber ein ítalienisches Nudelgericht gut schmecken und zum Abschluss gab es noch eine große Portion Eis. So schnell geht alles. Gefrühstückt haben wir in Salerno, Mittag gegessen in Rom und nach dem Baden im Meer das Abendessen auf der Insel Elba. Das ist der Vorteil, wenn man viermal so schnell unterwegs ist, wie in einem Auto.

Lido it is

Um zum geplanten Flug nach Pisa bald aufbrechen zu können, waren wir sehr früh am Flugplatz. Es dauerte noch lange bis auch das Bodenpersonal kam, und wir die Flugvorbereitungen machen konnten. Vorsichtshalber ließ ich in Pisa anrufen, um zu erfahren, ob wir das Flugzeug über Nacht parken könnten. Wir erfuhren, dass dies unter gar keinen Umständen möglich ist, und dass wir ohne einen beantragten Slot in Pisa nicht landen könnten. Außerdem regnet es in Pisa gerade und das würde noch einige Zeit andauern. Nun begannen die Überlegungen, was wir daher machen sollten. Auf den großen Flughäfen in Florenz und in Bologna war es das Gleiche. Landung nur mit Slot und keine Parkmöglichkeit. In Ferrara wäre landen und parken möglich, jedoch spricht dort am Funk niemand englisch. Außerdem war das Schlechtwetter in Norditalien noch immer nicht abgezogen. Wir waren schon verzweifelt und drauf und dran, einen weiteren Tag auf Elba zu bleiben, um abzuwarten bis das Wetter im Norden wieder besser wird. Plötzlich erschien ein Mann, der sich als Pilot der geparkten zweimotorigen Piper vorstellte. Er war unglaublich hilfsbereit und diskutierte mit uns die verschiednen Möglichkeiten. Dann zog er sein Handy heraus und telefonierte mit seinem Freund, der Meteorologe auf einem großen italienischen Flughafen ist. Freudig eröffnete er uns, dass wir augenblicklich starten sollten, dann kämen wir noch bis Venedig ohne in das norditalienische Schlechtwetter einzufliegen. Eine Stunde später würde es nicht mehr möglich sein, weil das Schlechtwetter nach Süden zieht.

So schnell waren wir noch nie im Flugzeug, denn diese Chance wollten wir unbedingt nützen. Während der Nacht hatte der Wind gedreht, und so mussten wir nun Richtung Berge starten und über ein ansteigendes Tal über die Berge der Insel steigen. Eine mulmige Sache, doch vertrauten wir auch hier den Beteuerungen des erfahrenen Piloten, der sagte, dass es wilder aussieht als es ist. So war es auch und rasch stiegen wir auf die vorgeschlagenen 6.000 Fuß Höhe, um den Apennin und die Toskana zu überqueren. Im Norden war alles schon wolkenverhüllt, aber genau wie es der Pilot vorhergesagt hatte, war die Strecke die wir flogen bis auf ein paar Regenschauer, die wir durchflogen frei. Da wir auf seine Empfehlung hin keinen Flugplan aufgegeben hatten, mussten wir jeder neuen Kontrollstelle unsere Absichten wieder genau erklären und verhandeln, damit wir wegen des Wetters genau die Strecke, die wir fliegen wollten, auch fliegen durften. Nach den Ausläufern des Apennins wird die Gegend wieder flacher. Wir passierten Fiorenza, Bologna und Ferrara. Vor Venedig wurden wir von einer Frequenz auf die andere geschickt, niemand wollte für uns zuständig sein und war froh, uns wieder los zu werden. Am letzten Teil des Fluges machte die Bewölkung schon ziemlich zu, und wir zitterten schon und hofften, dass wir Venedig doch noch ohne Niederschläge erreichen werden. So war es auch und die Landung am Flughafen Lido klappte bestens. Sofort tankten wir auch wieder, jedoch bei diesen horrenden Spritpreisen nur so viel, dass wir sicher nach Hause kommen würden.

Venedig

In einem nahe gelegenen Hotel quartierten wir uns ein, bald darauf saßen wir schon im Schiff, um vom Lido nach Venedig hinüberzufahren. Allmählich wurde es Mittag und das Wetter wurde von Stunde zu Stunde besser. Den Nachmittag verbrachten wir in Venedig. Obwohl wir schon oft in der berühmten Lagunenstadt waren, ist es immer wieder ein Erlebnis, sich durch die tausenden Besucher zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten zu drängen. Gegen Abend war das Wetter wieder gut und am Lido zurück, besuchten wir noch den endlosen Sandstrand, den wir im Landeanflug überflogen hatten. Im Internetcafe überprüften wir die Wetterberichte für Norditalien und Österreich und es bestätigte sich, dass wir am nächsten Tag nach Hause fliegen werden können. Ein exzellentes italienisches Gericht in einem Gastgarten mit Blick auf die Stadt Venedig beendete den Tag.

Um auf Nummer sicher zu gehen, telefonierten wir am Morgen mit Frau Bauer, wie das Wetter zu Hause sei. In der Nacht waren heftige Gewitter in den Alpen, doch am Vormittag sollte es immer schöner werden. Und so starteten wir alsbald, um über die Sichtflugstrecke Jesolo auszufliegen. Ab Jesolo wollten wir einen Direktkurs nach Seitenstetten fliegen. Das wurde uns allerdings nicht erlaubt und so mussten wir uns von den Funkstationen Treviso, Badua, Ronchi, Udine, Mailand und zwei Militärfrequenzen hin- und herschicken lassen. Nach Udine durften wir dann aber auf die gewünschte Höhe steigen und direkten Kurs nach Seitenstetten fliegen. Die Julischen und Karnischen Alpen und die Karawanken waren vollkommen wolkenfrei und auch Norditalien war sichtmäßig so klar, wie wir es noch nie erlebt hatten. Das Schlechtwetter der Vortage hatte den ganzen Dunst weggeblasen und so hatte man eine traumhafte Sicht, die vom Gebirge bis zum Meer reicht. Bereits ab Venedig hatten wir allerdings heftigen Gegenwind, der unsere Geschwindigkeit gewaltig drückte und die Flugzeit im gleichen Ausmaß verlängerte. Nun machte ich mir schon Vorwürfe, dass wir das Flugzeug in Venedig nicht doch voll getankt hatten, denn die beiden Tankanzeigen wanderten Angst erregend nach links. Über den Gurktaler Alpen und Niederen Tauern lag noch eine geschlossene Wolkendecke, sodass wir unsere Reiseflughöhe verlassen und uns zwischen Wolken und Berggipfel durchmanövrieren mussten. Die gleiche Situation hatten wir schon mehrmals vorher erlebt. Stellenweise waren die Wolken so tief, dass wir glaubten in Trieben oder Niederöblarn landen zu müssen. Das GPS zeigte aber nur mehr eine kurze Distanz nach Seitenstetten, die Treibstoffanzeigen wanderten inzwischen Richtung Null. Tief im Tal und durch Bergeinschnitte hindurch suchten wir den kürzesten Weg. Und wirklich, bald sahen wir die Windräder von Laussa, gleich danach lag das Mostviertel fast wolkenfrei vor uns. Ein Freudenschrei, denn nun hatten wir es geschafft. Schnell noch den Flugplan über Wien-Information schließen und die Landung am Heimatflugplatz. Durch die telefonische Ankündigung hatte uns Ferdinand Bauer schon erwartet und er war sichtlich erleichtert, als wir und das Flugzeug von diesem, doch anspruchsvollen Flug, wieder gut zurück waren.

Mit dem Flug waren wir nun auch auf all jenen Plätzen gelandet, die uns bei früheren Flügen versagt geblieben waren. Wir haben wieder viel Interessantes kennen gelernt und neue Erfahrungen dazu gewonnen. Durch die verschiedenen unvorhersehbaren Änderungen der geplanten Route und des Ablaufs war viel Stress dabei. Da alles gut gegangen war, waren wir sichtlich erleichtert, denn damit waren auch alle bisherigen Kapitel endgültig abgeschlossen.