Mittelmeer-Umrundung
Sportflugzeug

Trotz Bordstrom-Ausfall während dem Flug über die ägyptische Wüste und dem Mittelmeer sowie Kriegsausbruch auf der Flugstrecke sind Vater und Sohn wohlbehalten zurückgekehrt.

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Seit es Flugzeuge gibt, war es möglich die Welt damit zu umrunden. Die wesentlich kürzere Strecke rund um das Mittelmeer, konnte jedoch noch nie mit einem Sportflugzeug umflogen werden. Kriege, Staatsboykotte, Reisewarnungen in radikal islamischen Staaten machten es unmöglich, durch verfeindete Staaten zu fliegen. Außerdem gibt es in manchen afrikanisch/ asiatischen Staaten ohne dringenden Grund kein Visum und auch keine Einfluggenehmigung. Eine weitere Erschwernis sind die großen Distanzen zwischen den einzelnen Flugplätzen, wo AVGAS für Kolbenmotoren erhältlich ist. Am Boden kommt noch eine für Europäer unvorstellbar komplizierte Bürokratie hinzu.

Flugsport-begeisteter Vater und Sohn

Herr Wolfgang Grabner aus Haag, NÖ ist seit seinem 16. Lebensjahr begeisterter Sportflieger. Jahrzehnte flog er allerdings ausschließlich in Österreich. Als sein Sohn Ewald 12 Jahre alt war und mit dem GPS umgehen konnte, begannen die beiden ins Ausland zu fliegen.

Nach und nach umrundeten sie ganz Europa und das Nordkap, flogen in sämtliche Staaten in Europa und am Balkan, bereisten den Orient und Sowjetstaaten und überflogen die Donau von der Quelle bis zur Mündung. Dabei mussten unzählige Probleme überwunden und Gefahren überstanden werden. Durch die reiche Erfahrung, die Vater und Sohn bei diesen Flügen sammelten, rückte der fliegerische Lebenstraum von Wolfgang Grabner immer näher: Als erster Mensch das Mittelmeer mit einem Sportflugzeug zu umrunden.

Mittelmeer-Umrundung

Innerhalb einjähriger Vorbereitungszeit wurden Informationen eingeholt, Fluggenehmigungen für 9 Staaten angefordert, Visums für verschiedene Staaten beschafft und Zweitpässe für islamische Staaten und Israel besorgt. Die bürokratischen Hürden waren so groß, dass mehrmals an das Aufgeben gedacht wurde. Trotz endloser Korrespondenzen waren zum Beispiel bis zum Abflug noch immer keine Einfluggenehmigungen für Libyen, Ägypten und Israel eingetroffen. Irgendwann gab es aber kein Zurück mehr. Am 9. Juli 2006 starteten Vater und Sohn mit einer 4-sitzigen Piper-Cherokee am Flugplatz Seitenstetten.

Der erste Teil in Südeuropa war relativ problemlos. Die Strecke führt von Seitenstetten nach Genua – Barcelona – Menorca – Mallorca – Ibiza – Madrid – Lissabon. Abgesehen von 42°C Hitze und einem GPS-Totalausfall in Ibiza, der ein Radar-Vektoring für die Landung notwendig machte, verlief alles bestens.

Spannend war die Landung in Gibraltar. Ein halbes Jahr hatte die Sonder-Landegenehmigung dafür gedauert. Weiter ging es nach Marokko – Tanger – Fes über die Ausläufer des Atlasgebirges und der marokkanischen Wüste nach Oujda. Von dort flog das Duo über lange Wüstenstrecken in die algerische Hauptstadt Algier. Abgesehen von unglaublicher Bürokratie am Boden und stundenlangem Warten, gab es kein wirkliches Problem. Auch der Einflug in den Nachbarstaat Tunesien nach Tunis und Monastier verlief fast nach Plan. Ab hier wurde es allerdings brisant. Die Einfluggenehmigung für Libyen war trotz Versprechung noch immer nicht eingetroffen. Außerdem erfuhr das Team zum ersten Mal, das zwischen Israel und dem Libanon – also genau dort, wo sie hinfliegen wollten – der Krieg ausgebrochen war. Da ein libyscher Handling-Agent schriftlich zugesichert hatte, dass er die beiden am Flughafen Tripolis empfangen und die Einflug-Genehmigung, und Visum-Angelegenheit regeln wird, riskierten sie den Einflug nach Libyen. Tatsächlich hatte der Handling Agent Wort gehalten und gegen entsprechend hohes Entgelt alle Wege für den Aufenthalt und Weiterflug durch Libyen geebnet. Der Aufenthalt in Tripolis war äußerst interessant. Staatchef Gadaffy ist auf riesigen Wänden überall allgegenwärtig.

Die Distanz von Tripolis nach Benghasi ist so groß, dass die Tankkapazität des Flugzeuges nicht ausgereicht hätte. Daher wurden auf den Rücksitzen vier vollgefüllte Benzinkanister transportiert und bei einer Zwischenlandung auf einem Wüsten-Öl-Flugplatz ins Flugzeug geleert. Benghasi bescherte wieder eine unvorstellbare Bürokratie. Vor dem Start mussten vier Stunden Formulare ausgefüllt, Kontrollstellen aufgesucht und Befragungen durchgestanden werden.
Mittlerweile an das Fliegen über der Wüste gewöhnt, war der Flug nach Mersa Mathru in Ägypten ein wunderschönes Erlebnis. Allerdings nur in der Luft und nicht am Boden! Die ägyptische Einflugpermission war trotz monatelangen Versprechungen noch immer nicht eingetroffen. Die beiden Flieger konnten aber den 18 anwesenden Beamten durch die umfangreiche Korrespondenz beweisen, dass eine ägyptische Permission verbindlich zugesagt wurde. Nach tanken der im Flugzeug mitgeführten Benzinkanister und Übernachtung, ging es über die Wüste weiter zum Flughafen Kairo – 6th of October.

Stromausfall über der Wüste

Aus unerklärlichen Gründen mussten wieder weitere Umwege geflogen werden. Doch bei guter Funkverständigung mit Kairo-Kontroll war das kein Problem. Nach und nach war der Funk aber nicht mehr zu verstehen. Besorgt wurde nach der Ursache gesucht. Dann ein Riesenschock! Die Ladekontrolle zeigte, dass die Batterie nicht mehr geladen wird und bereits fast völlig leer war. Nach dieser Entdeckung verabschiedete sich das GPS, dann beendete auch der Transponder seine Funktion. Die beiden mussten Todesängste ausstehen. Ohne Funk keine Kommunikation, ohne Transponder nicht auffindbar. Wenn jetzt etwas passiert und in der Wüste notgelandet werden muss, kann dies das Ende bedeuten. Gott sei Dank war ein zweites mit Batterien gespeistes GPS an Bord. Mit diesem gelang es, einigen militärischen Sperrgebieten – wo man sofort abgeschossen wird, wenn man hineinfliegt – auszuweichen. Ebenso meisterten es die beiden, am Wüstenflugplatz 6th of October ohne Funk zu landen.

Die Mechaniker der Flugzeugwerft überprüften alles, fanden aber keine wirkliche Fehlerquelle. Nach einem Tag ausgiebigsten Besichtigen von allen Sehenswürdigkeiten Kairos und mehreren Probeläufen des Motors wurde zur nächsten Strecke nach Alexandria gestartet. Dort musste für zweimal 50 Meter-Fahrt im Bus 181,- Dollar berappt werden. In Alexandria erfuhr das Team endgültig, dass das gesamte Israel/Libanon Kriegsgebiet für die Zivilfliegerei gesperrt ist und die vorgesehene Strecke nach Amman/Jordanien, Tel Aviv/ Israel, Damaskus/Syrien, Beirut/Libanon nicht geflogen werden kann.

Erneuter Stromausfall über dem Mittelmeer

Schweren Herzens musste der Plan aufgegeben werden, in die weiteren 4 Staaten zu fliegen. Also erfolgte der Flug über Port Said nach Larnaka auf die Insel Zypern. Ganz knapp ging es am Kriegsgebiet vorbei, wo genau zur gleichen Zeit die Raketen zwischen Libanon und Israel in beiden Staaten großen Schaden anrichteten. Die erste Hälfte über dem Mittelmeer war traumhaft schön. Ein ruhiger Flug über aufgelockerten Wolken, tief darunter das blaue Meer. Plötzlich wieder ein Schock. Das Lade-Amperemeter zeigte an, dass die Batterie schon wieder nicht geladen wird und die Elektrokapazität von Minute zu Minute weniger wird. Der Funkkontakt zu Nikosia Radar funktionierte noch, sodass eine Notmeldung abgesetzt werden konnte. Dann schalteten die beiden sämtliche Stromverbraucher aus, um zumindest während des Landeanfluges noch genügend Strom zum Funken zu haben. 1 ½ Stunden flogen sie über das Meer ohne Kommunikation mit einer Bodenstelle und ohne im Notfall geortet werden zu können. Wenn jetzt der Motor aussetzt, ist alles vorbei. Für den Sprechfunk während des Landeanfluges in Larnaka reichte der restliche Strom. Mit Priorität vor allen anderen vielen Flugzeugen, wurden die beiden auf den Boden gelotst.

In der zyprischen Flugzeugwerft wurde die Maschine genauestens untersucht. Regler und Lichtmaschine wurden gegen neue ausgetauscht, doch diese waren nicht die wirklich Ursache des Fehlers. Durch Zufall wurde entdeckt, dass ein Kontaktfehler bei einem Ladekabel zur Unterbrechung der Stromversorgung führte. Als dies gelötet war, war auch das Problem beseitigt. Während der Arbeit am Flughafen flogen im Minutentakt Flugzeuge ein, die Flüchtende aus dem Libanon evakuierten. Riesige Transportmaschinen und Hubschrauber der amerikanischen, russischen und europäischen Streitkräfte und sogar ein Militär-Transportflugzeuges des österreichischen Bundesheeres errichteten eine Luftbrücke zwischen Damaskus und Larnaka. Es war unglaublich aufregend, direkt vor Ort zu sein.

Türkei – Zypern Boykott

Nach zweitägigem Zwangsaufenthalt ging die Reise weiter nach Antalya/Türkei. Der Flugplan war aufgegeben und bestätigt und der Start zwischen dem heftigen Evakuierung- und Großflugverkehr, eingefädelt. Beim Ausflug über Zypern wurden die beiden aber wiederum zurück kommandiert und zur Landung aufgefordert. Die Ursache konnten sie über Funk nicht erfahren, sondern erst am Boden. Wegen des Boykotts zwischen der Türkei und Zypern ist es Privatflugzeugen nicht erlaubt, von Zypern nach Antalya zu fliegen. Bei der Aufgabe des Flugplanes hatte man das aber scheinbar nicht gewusst oder einfach vergessen… Der zweite Start in Larnaka erfolgte daher direkt zur Insel Rhodos, von dort weiter nach Heraklion auf der Insel Kreta bis zur Übernachtung auf der Insel Santorin. Obwohl es rund um Athen 6 Flugplätze gibt, sind vier für Sportflugzeuge unanfliegbar, bei weiteren zwei muss zwei Tage auf eine Einflugbewilligung gewartet werden. Das war den beiden Mittelmeer-Umrundern aber zu lange, denn nach den Strapazen und Aufregungen gab es nur ein Ziel – möglichst rasch wieder nach Hause zu kommen.

Gut zurück

Ein Tank-Zwischenstopp auf der Insel Mykonos und das weiträumige Umfliegen von Athen samt einer Tankladung auf der Insel Korfu, bescherten schöne interessante Flüge über die Ägäis, der Straße von Korinth und Griechenland.

Um den Hoheitsgebiet von Albanien auszuweichen, führte der Flug in die Nähe von Brindisi/Italien, dann weiter bis zum Tagesziel Split.

Wegen Gewitter über den Alpen konnte nicht direkt nach Österreich geflogen werden, daher wurde in Portoroz auf passendes Wetter gewartet. Die letzte Strecke war noch einmal sehr aufregend. Der Flug führte über den Wolken, zwischen riesige Cumulus- und Gewittertürmen hindurch bis zur glücklichen Landung in Seitenstetten.